Maiglöckchenpower9/5/2020 Liebe Gemeinde, kennen Sie sowas aus dem Garten? Auf sowas stößt man in diesen Tagen beim Unkrautjäten. Astern haben solche Wurzeln, Pfefferminz oder Maiglöckchen. Bei denen wunder ich mich immer, wie so zarte Blümchen unterirdisch eine solche Wurzelpower haben! Das ist toll, wenn man von Maiglöcken garnicht genug haben kann. Wie die sich vermehren! Geradezu exponentiell! (Ein Modewort in Coronazeiten....) Sie wachsen auch da, wo sie garnicht hinsollen. Ewig-lange Wurzeln, stark wie Äste, die tauchen ab , wandern unterirdisch… und tauchen 3 Meter weiter wieder auf. Eine unterirdische Power. Lang bevor im Frühling die ersten grünen Spitzen Hoffnung verbreiten, ist untergründig schon ein starker Halt da durch die Wurzeln. Ein großartiger Vergleich zu unserer Gemeinde. Wir waren wochenlang abgetaucht. Unterirdisch aktiv. Jeder zuhause. Jeder für sich allein. Oberirdisch betrachtet, hat man von uns nicht viel gesehen. Die Straßen waren leer. Aber unterirdisch gab es ganz viele Verbindungen von einem zum andern. Der eine war seit Wochen ohne jeden Besuch in einem Krankenhauszimmer. Und viele Segensgedanken gehen täglich zu ihm hin. Eine ist im Pflegeheim und hat seit Wochen nur die gleichen Wände angeschaut. Aber viele Whatsapp gehen rein und raus, Fotos, Lieder, Grüße. Es sah so aus, als wären wir alle sehr weit auseinander, aber innerlich waren wir verbunden. Durch Gebete, durch Mitfühlen, durch Anrufe. Ja und heut sitzen wir in der Kirche und wenn ich so rumschau, dann sprießt da alle 2 Meter ein Maiglöckchen aus dem Boden und blüht fröhlich und winkt den andern zu. Wir sind durch unterirdische Wurzeln verbunden und geben uns gegenseitig Halt. Wir leben aus der gleichen Kraftquelle. Wir halten uns alle an demselben Gott fest. Gott war sehr still hier die letzten Wochen. Ihm war einsam. Unser Fehlen schmerzte ihn. Wenn ich früh die leere kühle Kirche aufsperrte, da fühlte ich, wie sehnlich Gott wartet. Und abends, wie hab ich mich immer gefreut, wenn ich auf die Spuren eines Mitchristen stieß. Lenn hatte eine Kerze angezündet. Gerlinde war da und hatte nach den Blumen gesehen. Herr Grimshaw hat manchen Abend hier verbracht bei stillem Orgelspiel, das leise auch nach draußen dringt. Und an Ostern haben wir alle die gleiche Osterandacht zuhause gefeiert und das hat uns verbunden und gestärkt. Paulus schrieb mal: „Wie ihr nun Jesus als den Herrn für euer Leben angenommen habt, so lebt auch in ihm und seid in ihm verwurzelt und gegründet und seid fest im Glauben!“ Kol 2,6 Ja, wir leben in diesem starken Wurzelgeflecht unseres Glaubens. Unserer Gemeinschaft mit andern Christen. Wir gehören zusammen und da mögen soviele Meter zwischen uns befohlen sein wie sie wollen. Haben Sie das Gefühl, fest verwurzelt zu sein? Vielleicht denkt mancher: „Schon, ich gehör dazu, aber ich wünsch mir mehr Wurzeln, mehr Vertrauen. Ich weiß nicht, ob man nicht, wenn´s hart auf hart käm- mein ganzes Glaubensgeflecht einfach mit einem Ruck aus dem Boden reißen könnte.“ Ja, senken wir uns heute wieder fest und tief in die Erde hinab. In den Urgrund Gottes, der uns trägt. Ich sage zu Gott: „Du bist doch meine Wurzel, die mir Halt gibt. Nur dir verdanke ich es doch, dass ich so wachsen und mich entwickeln konnte in meinem Leben. Du hast mich schon Stürmen standhalten lassen. Und als ich umstürzte, da hast du mich neu aufgerichtet. Du hast mir Menschen geschickt, die wie Engel waren, wundersame GärtnerInnen, die eine Ahnung hatten, von dem was ich jetzt brauche und was mir grad jetzt helfen kann. Und als meine Glaubenssuche versandete, da ließd du mich neu auf das unterirdische Netzwerk stoßen, das mich mit anderen Kindern Gottes verbindet. Dafür danke ich dir, Gott. “ Ja, unverwüstlich ist unsere Verbindung zu Gott. Aber dazu muss die Wurzel in die Erde. In den Mutterboden Gottes hinein. Dort kann ich beten. Dort kann ich Stille finden. Dort kann ich spüren, dass ich geliebt bin von Gott. Nach Liebe duftet das Maiglöckchen. Es richtet mir aus, dass Gott mich wunderbar geschaffen hat. Mir Wurzeln gegeben hat durch schwere Zeiten gut durchzukommen. Es richtet uns aus, dass wir nicht alleine sind. Um uns herum sind andere Christen, nah oder fern, im Glauben immer nah und tief verbunden. Nicht nur der Virus hat ein exponentielles Wachstum. Auch wir Christen. Wie ein Schneeballsystem kann Glaubenskraft sich verbreiten und andere anstecken mit Hoffnung. Wer gestern aus dem vollen Rewe kam, konnte seinen Blick gleich auf unser Plakat fallen lassen: „Wir feiern wieder Gottesdienst. … weil es gut tut, eine Kraftquelle zu haben.“ Ja, wir Maiglöckchen des Herrn schöpfen aus einer tiefen Quelle. Aus Gottes Liebe. Diese Liebe wollen wir bezeugen und weitertragen. Deshalb, wenn Sie sich satt geschnuppert haben an diesem berauschenden Duft der Liebe - vielleicht mag jemand sein Blümchen einem Menschen bringen, der nach Liebe dürstet. Denn die Liebe Gottes ist reich und schön und grenzenlos da für uns alle, seine Kinder Gottes. Amen. Kraftstrom des Auferstandenen15/4/2020 Die Hände werden langsam rauh.
Das viele Händewaschen strapaziert ganz schön. Es ist wie Schildkrötenhaut…. Man könnte sie dauernd eincremen. Das ist so der Labello effekt. Wenn man einmal anfängt, kann man garnicht mehr aufhören. Alle Viertelstunde Hände waschen, eincremen, Hände waschen…. Ja, die 4 Coronawochen hinterlassen langsam Spuren. Die Sache nimmt uns mit. So langsam wird ein Schaden sichtbar… Thomas war der einzige Jünger von Jesus, der den beschädigten Jesus anfassen durfte. Er konnte einfach nicht fassen, dass Jesus nach seiner Kreuzigung jetzt lebendig vor ihm stand. Er hätte es nie glauben können, wenn er nicht die Wundmale fühlen durfte. Er darf seine Hände auf die verletzten Stellen legen. Und da fließt ein Strom von Liebe und Hoffnung in seine Hände, dass kein Zweifel besteht: Diese Kraft kommt von Jesus. So, genau so, hat sich Jesus immer angefühlt. Wie ein Kraftstrom. Und den spürt Thomas jetzt sogar noch stärker als vorher. Diese Liebe geht selbst durch den Tod hindurch. Sie ist durch den Tod sogar noch gewachsen. Und das schweißt ihn mit Jesus zusammen in der Sicherheit, dass es letztlich nichts gibt, was ihm wirklich Schaden zufügen kann. Ich krieg da eine Gänsehaut, wenn ich mir diese Jesusbegegnung vorstell. Den Auferstandenen zu sehen und zu fühlen, das muss so überwältigend gewesen sein, dass es uns bis heute ansteckt: ja, keine Not, kein Leid kann uns trennen von der Liebe Gottes. Also fühlen wir ruhig die Beschädigungen, die uns zugefügt werden, ja, die gibt’s, ja, die tun weh. Ja, Leben ist so. Aber grad wenn die Haut rauh wird und wenn Wohlstand Risse bekommt, dann gibt sich der Auferstandene zu erkennen. Dann wandelt sich Verwundung in Kraft In alle Herrlichkeit. Amen. Andacht am 29. März 202029/3/2020 Heut nacht konnte ich nicht schlafen.
Ich bin wieder aufgestanden. Es war kurz bevor die Nacht um 1 Stunde verkürzt wurde. Die Zeitumstellung find ich jedes Mal bisschen aufregend, wie genau muss ich den Zeiger verstellen? Würde man da was verwechseln, dann würde man früh aufstehn und wäre aus der Zeit gefallen. Aus der Zeit aller andern. Man würde sich treffen wollen und der eine käm zu früh, der andre zu spät. Faszinierend dann der Funkwecker. Wie durch Geisterhand gehen die Zeiger einmal rum und wissen genau, in welche Richtung. Wer sagt ihnen das? Wer hält sie genau da an, wo sie hingehören? Kennen Sie das auch, zur Zeit - schlaflose Nächte? Ewig nicht einzuschlafen oder flott einschlafen und dann zu einer völlig bekloppten Zeit wieder aufzuwachen wo man keinesfalls schon aufstehen kann? Gedanken, die sich endlos wiederholen. Ängste, die völlig übertreiben, aufgebauschte Sorgen, die man den ganzen Tag so nicht hatte? Da fiel mein Blick auf den nachtblauen Himmel da draußen. Und neben dem Kirchturm: eine kleine, nagelneue frischgeputzte Mondsichel, sie lag da, nah oben offen, erwartungsvoll was kommen soll in dieser langen Nacht der Sorgen und der dunklen Schönheit. Die Mondsichel lag auf dem Rücken und räkelte sich zufrieden. Sie war so ganz am Platze. Am richtigen. Genau da, wo sie sein sollte. Wo man sie sonst sehr vermisst hätte. Die Mondsichel lag neben dem silbrig glänzenden Kirchturm in seiner erhabenen Form. Ganz klar – der Kirchturm. Immer gleich. Immer spitz gereckt. Immer elegant. Ein steter Hinweis, dass da oben mehr noch wartet. Mehr Glanz, mehr Andacht März Mondsichel Zeitumstellung Sinn, vollendet in den Himmel hinein – all das Mühen auf den Punkt gebracht. „Und da ist einer, welcher all das Fallen unendlich sanft in seinen Händen hält“ – sagt Rilke, der Dichter. Ein göttlicher Vollender meiner unterbrochenen Nächte. Einer, der weiß und kennt. Einer, der hält und rundet. Der über mich selber hinausweist in ein größeres Ganzes. Der kennt der Mondsichel dunkle Hälfte, die im Neumond verborgen war. Du Gott meiner Nächte, bete ich, halt mein klopfendes Herz, die Aufgaben sind so viel und die Welt entbehrt so sehr. Halt uns zusammen, Gott, halt uns in dir. Runde uns auf. Lass uns wachsen in diesen Zeiten. Halt du den Wecker fest. Gib seinen Zeigern ihren Lauf. Lass sie nicht sinnlos kreisen zu Stunden , die nicht wissen, wo sie stehn. Du hast den Rhythmus in der Hand, wie auch den Sinn und auch die Zeit. Wie auch den Anfang und das Ende und auch meine kleine Müh´. Halt du die Zeit in deiner Hand und meines Atem´s Ein und Aus da wird es einerlei ob´s drei, ob´s zwei Uhr in der Nacht du bist ja da und hast den Zweifel nie gesät so komm ich heim auf eine Kerzenlänge hin zu dir. |