
Meine Geschichte mit Heissam
Im September letzten Jahres hatte ich, wie öfters mal, ein Gespräch mit unserer Pfarrerin Pannewick. Ich lebe in Johannis in einer kleineren Wohnung, bin aber noch in der Gemeinde Boxdorf gemeldet, wo ich ja 50 Jahre wohnte. Franziska erzählte mir , dass sie für einen Iraker, der schon 5 Jahre hier ist und kein Deutsch kann, Unterstützung suche. Ob ich mich wohl mal mit ihm treffen könnte. Beim Erntedankfest war es so weit, er stand etwas hilflos am Rand und Frau Geuthner wies auf ihn hin.
Naja, unser erstes „Gespräch“ bestand nur aus Gesten. Mich interessierte es schon, was ein Flüchtling erlebt hat, wie seine Heimat, Familie ist, wie er nach Deutschland kam.
Franziska Pannewick bot uns die Hirtenstube als Gesprächsraum an. Wir trafen uns wöchentlich für 1 ½ Stunden. Die ersten Themen waren seine Flucht, er wurde von der Miliz verfolgt, sollte in die Tötungsgruppe eintreten, neben ihm wurden Frauen und Kinder erschossen, Wohnhaus zerbombt, keine Arbeitsmöglichkeit.
Er lernte im Gespräch immer mehr Worte, Sätze fallen ihm noch schwer. Auf youtube lernt er Grammatik, das Handy benutzt er teilweise zum Übersetzen- Arabisch- Deutsch. Er brachte dann Briefe mit, vom Ausländeramt, vom Rechtsanwalt, ein Gerichtsurteil, (da war ich überfordert mit den vielen Paragraphen!) Ich konnte mir bei seiner Sozialpädagogin Hilfe holen und mich informieren. Langsam wurde die Sprache besser und er verlor ein wenig seine große Angst, hatte aber noch Albträume und Schlafstörungen.
Heissam kam über Irak, Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien, teilweise mit Bus oder Bahn (dort gab es auch Überfälle und er konnte deshalb im Zug nicht schlafen) nach Österreich und nach etlichen Tagen Fußmarsch nach München. Bei der Bootüberfahrt mit Schleppern wurde nach 1 Km im Meer der Motor des Gummibootes defekt und die Männer mussten zurück schwimmen, Frauen und Kinder wurden zurück gerudert, im Meer wurde der Rucksack zu schwer und sank mit Geld, Papieren und Zeugnissen. Am Körper hatte er noch etwas Geld angebunden.
Ich habe Heissam als sehr feinfühligen, ordentlichen und pünktlichen Menschen kennengelernt und fragte ihn, ob er denn sozial arbeiten möchte. So gelang es mir nach unzähligem Telefonieren, bei den Rummelsberger Anstalten eine Arbeit als Altenpflegerhelfer für ihn zu finden. Heissam durfte 3 Tage hospitieren, bekam jetzt einen Arbeitsvertrag; vorher war es nötig 2 x einen Coronatest am Flughafen zu machen, ich habe ihn hingefahren.
Nun ist in Boxdorf die Wohnmöglichkeit für Asylanten aufgelöst worden, er wohnt jetzt hinter dem Bahnhof. Seitdem verständigen wir uns über whatsapp, nicht immer einfach wegen seiner Deutschkenntnisse. Diese verbessern sich ständig beim Arbeiten. Das Problem ist jetzt nur die „Duldung“, ich habe für ihn eine Petition an das Ausländeramt geschrieben. Ob und wann wir uns wiedersehen ist ungewiss.
Als 2015 die Welle der Ausländer aus dem nahen Osten auf uns zukam, dachte ich, was soll aus diesen vielen jungen Menschen werden, wie belasten sie unseren Staat, haben keine Deutschkenntnisse, wo werden sie wohnen, sind Terroristen dabei und Faulenzer (ja, das dachte ich!) Zuerst wurden sie willkommen geheißen, das änderte sich jedoch. Ja, sie waren halt fremd! Und dann kam die Geschichte mit Heissam, da habe ich einen dieser Flüchtlinge kennengelernt, er ist ein Mensch, wie du und ich, und ich bin dankbar über diese Begegnung.
Anne Sprößer 2021
Winterkirche in Coronazeiten
Diesen Winter versuchen wir, zwei Probleme gleichzeitig zu lösen: Wir mussten dieses Jahr unsere Kirchenheizung ausschalten, weil die Strom-Lüftungsheizung aus dem Jahr 1968 unbezahlbar geworden war. Nun würden wir gern wieder Winterkirche im Gemeindesaal feiern, aber dort sind eigentlich nur 15 Personen erlaubt, bei gemeinsamen Hausständen entsprechend mehr. Wir werden beobachten, wie sich der Gottesdienstbesuch entwickelt: an manchem normalen Sonntag würde uns die Größe des Saales reichen, wenn nicht, gehen wir in die Kirche und schaffen nochmal zusätzliche Kirchendecken an.
Und wir haben zusammen mit dem Kirchenbauamt einen Architekten, einen Statiker und einen Haustechniker gewonnen, mit denen wir die Sanierung des Kirchendaches und den Einbau einer neuen Heizung planen.
Lassen Sie uns diese Widrigkeiten mit Humor überstehen und freuen wir uns auf die Zukunft, die immer im Licht, in der Wärme Gottes liegt!